Fast drei Stunden gelebte Kommunalpolitik: Wir hatten in unserer größten Gemeinde Kirchzarten die Bürger eingeladen, mit uns über die wichtigsten Themen für Kirchzarten zu reden. Und wir haben gut zugehört! Zwar blieb die Teilnehmerzahl hinter unseren Wünschen zurück, der Qualität der Tischgespräche tat dies jedoch keinen Abbruch.
Was niemanden überraschte, aber zu Recht noch einmal deutlich wurde: Wohnen und Verkehr sind die zentralen Themen der Politik vor Ort, in denen sich die Anliegen der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes ganz selbstverständlich wiederfinden. Es sind die generationsübergreifenden Themen, die eine gute Lokalpolitik der Gegenwart prägen und gleichzeitig die Gemeinde fit für die Zukunft machen.
Die Gemeinderatsfraktion der SPD in Kirchzarten und der Vorstand der SPD Dreisamtal werden sich im Nachgang intensiv mit den gewonnenen Gedanken und Anliegen der Bürger auseinandersetzen. Ermutigend ist für uns, dass wir viele unserer kassischen Forderungen und Inhalte bestätigt sehen durften.
Danke allen Teilnehmern, Danke Kirchzarten!
Und hier nun die konkreten Ergebnisse der Tischgespräche:
Themenfeld Wohnen:
- Wohnen ist zu teuer, deshalb Entwicklung einer unausgewogenen Bevölkerungsstruktur: Das ist schlecht für das "Dorfleben" (z.B. Vereine); Kirchzarten nur für Wohlhabende?
- es fehlt an ausreichendem Wohnraum, besonders für Familien, dabei ist Kirchzarten eigentlich für Familien attraktiv
- Planungen dauern zu lange, zu viele Regulierungen bei der Gestaltung
- wegen Flächenverbrauch sollte höher gebaut werden
- Gewerbegebiete sollten "grüner" und höher bebaut werden, Möglichkeiten von Wohnbebauung in oberen Stockwerken in Gewerbegebieten prüfen
- Projekt generationsübergreifendes Wohnen / Leben wird gewünscht (z.B. im Wohngebiet am Kurhaus)
- Wohnungsmanagement fehlt: ältere Menschen bewohnen große Wohneinheiten, Wohnungstausch kaum möglich
- Wohnbebauung höher, verdichten, Mehrfamilienhäuser statt "Einzelvillen"
- positiv: Kirchzarten bietet "kurze Wege"
- soziales Bauprojekt "Ein-zwei-Dreisam" ist gefährdet wegen ungünstigem Bebauungsplan: Baufenster sollte leicht gedreht und die Kubatur verändert werden
Themenfeld Mobilität:
- Hauptprobleme sind zu hohe Geschwindigkeiten und zu hoher Verkehrslärm
- Geschwindigkeitsreduzierungen notwendig:
innerorts: durchgängig 30 km/h, möglichst schnell in der Schwarzwaldstraße und Bahnhofstraße umsetzen
L126: 50 km/h im Bereich der Wohnbebauung Dietenbach (die war vor der Straße da!), sonst 70 km/h
B31: 100 km/h
- Geschwindigkeiten durch stationäre Blitzer innerorts und außerorts stärker kontrollieren, automatische Geschwindigkeitsanzeigen ("Grinsemännchen") werden als wirksame Maßnahme betrachtet
- Schwellen werden kritisch gesehen
- es fehlen Fahrradabstellplätze, auch überdachte
- Car-Sharing ausbauen, auch mit E-Mobilen
- Fahrrad und ÖPNV attraktiver machen, Jobticket fördern
- Kurzstreckenticket im RVF; die Monatskarte ist zu teuer, die Idee des SPD-Bürgermeisters von Waldkirch, ein Jahresticket für 365 € anzubieten, wird positiv bewertet
- ruhender Verkehr: zu viel Parkraum im öffentlichen Bereich, Straßen sind oft zugeparkt
- Umgang der Behörden mit Wünschen der Bewohner ist unbefriedigend: der Verkehrsfluss erscheint wichtiger als die Gesundheit der Anwohner
- Lärmspitzen durch Motorradfahrer sind besonders am Wochenende unerträglich
- Motorroller sind zu laut und stinken: Programm zur Förderung von E-Rollern wie in Tübingen auflegen
- Ausbau der Ladeinfrastruktur von E-Mobile, Förderung der E- Mobilität auch bei Bussen notwendig
- Tunnel Falkensteig ist wichtig
- kein 4-spuriger Ausbau der B31
- besonders hohe Lärmbelastung an der L126 im Bereich Dietenbach:Lärmschutz durch Wall oder Schallschutzwand unverzichtbar, Lärm behindert Vermietung von Wohnungen / Ferienwohnungen
- Dreisamstromer wird positiv bewertet
- Parksituation bei der Kreuzung Dietenbachstraße / L126 ist katastrophal, besonders im Sommer (Schwimmbad / Campingplatz): mehr Kontrollen sind notwendig
- Hauptstraße-Süd ab Kreuzung Schwarzwaldstraße bis Schulzentrum wird als Schleichweg von Bussen und LKW missbraucht, besonders nachts und am frühen Morgen wird die Geschwindigkeitsbegrenzung missachtet
Themenfeld Ökologie und Klima:
- Lebensraum nachhaltig nutzen, auf nächste Generation ausrichten: Energie sparen, Flächenversiegelung stoppen, Regularien für umweltgerechtes Verhalten
- Biolandwirtschaft fördern, Landwirte beraten, Pestizide verbieten, finanzielle Anreize schaffen
- landwirtschaftlich genutzte Flächen nicht an Bauunternehmer verkaufen
- Schrebergartengebiete ausweiten, gemeinschaftliches Gärtnern, saisonale Produkte gemeinsam anbauen, kein Gifteinsatz zulassen
- Bienenweiden für Insekten und Artenvielfalt anlegen
- Gewerbegebiet "green": Fassaden und Dachbegrünung, höher bebauen und Wohnbebauung integrieren
- Kirchzarten sollte Bioenergiedorf werden, Niedrigenergiestandards bei Bebauung (KfW-Kriterien vorschreiben)
- Solardächer und Geothermie fördern
- Nutzung regionaler Produkte fördern, Erweiterung des Marktes
- Umsetzung der ökologischen Ziele wird zu schwerfällig angegangen: es fehlt der Motivationsschub für ökologisches Wirtschaften
- Kirchzarten ist zu wenig progressiv
- es stinkt häufig nach Gülle: hohe Nitratausbringung?
- Gift auf den Äckern: Glyphosat verbieten wegen Insektensterben
- E-Fahrzeuge für den Gemeindefuhrpark
Themenfeld Jugend und Familien:
- es gibt zu wenig öffentliche Plätze für Jugendliche
- es fehlen Disko, Kino und andere Angebote / Treffpunkte (Jugend geht nach Freiburg), Partys feiern im AJ und Que Pasa, AC Burg?
- viele Hinweise auf Probleme mit Müll und Hinterlassenschaften nach Feiern; Hinweise auf fehlendes Bewusstsein für Eigenverantwortung im öffentlichen Raum, "Wohlstandshaltung" (es gibt andere, die aufräumen), "Nicht"-Erziehung; allgemein: fehlender Respekt
- Kinder von Migranten sind gefühlt nicht vorhanden; die soziale Durchmischung fehlt; fehlende Lobby; kein Zugang zur Gesamtbevölkerung
- Gemeinde sollte Förderdarlehen und soziale Hilfen an diese Gruppen besser vermitteln
Themenfeld Ältere:
- Wohnen ist für sozial schwächere ältere Menschen zu teuer: "Speckgürtel" um Freiburg bewirkt Verdrängung älterer Menschen
- Teilhabe am kulturellen Leben ist oft schwierig: Kosten, fehlende Begleitpersonen z.B. zum Rollstuhlschieben
- Sprachprobleme bei den stationären und ambulanten Pflegediensten, da das Personal häufig aus Migranten besteht und den Dialekt nicht versteht
- Rollstuhlfahrern steht die notwendige Verkehrsinfrastruktur zwar zur Verfügung, es fehlen aber Menschen, die begleiten und den Rollstuhl schieben
- Betreuung älterer Menschen in Mehrgenerationenhäusern ist wünschenswert
- gibt es bei der VHS Sondertarife für ältere und finanziell schwächere Menschen?
- SPD sollte mehr Mitglieder aus dem Pflegebereich haben, damit deren Wünsche besser gehört werden
- Menschen mit niedrigen Renten werden "abgehängt", sind oft im Gemeindeleben nicht sichtbar
Sonstige Anregungen und Bemerkungen:
- Freitagsmarkt sollte ausgeweitet werden
- ärmere Menschen haben es schwer in Kirchzarten